Begeistertes Lesen – Teil 1

von Hanniel Strebel
6 Kommentare

Wir haben Zugang zu ausgezeichneten Büchern. Sie stehen überall. Viele sind über das Internet erhältlich. Für einen begeisterten Leser wie mich bedeutet dies einen täglichen Grund zur Dankbarkeit.

Keine Zeit zum Lesen?

Als ich bei der Bank als Trainer für Verkauf und Kommunikation arbeitete, kamen wir im Verlauf des Seminars regelmäßig auf den Einwand „ich habe keine Zeit“ zu sprechen. Wir stellten dann fest, dass dieser bloß einen Vorwand darstellt. Er wird dann geäußert, wenn eine Person den Nutzen noch nicht kennt, der aus der zeitlichen Investition entstehen sollte.

Wir Menschen sind von Gott so geschaffen worden, dass wir vor einer Tätigkeit und noch viel mehr vor dem Aufbau einer Gewohnheit bewusst oder unbewusst die Sinnfrage stellen: Wozu soll mir dies dienen?

Der US-amerikanische Pastor und Autor John Piper hält für die Beantwortung dieser Frage eine wichtige Antwort bereit.[1] Unser Denken ist ein Mittel, um Gott und Menschen zu lieben. „Ich ermutige Sie, zu denken und gleichzeitig nicht davon beindruckt zu sein, wenn Sie es tun.“ Gott mit dem Verstand zu lieben bedeutet, die Fülle des von Gott geschenkten Reichtums wahrzunehmen und auszudrücken. Eine wichtige Art um zu denken geschieht durch Lesen.

Nun fällt es uns durch die Prägung unserer Wohlstandsgesellschaft schwer, Freude von Spaß zu unterscheiden. Spaß muss kosten- und mühelos sein. Freude kann hingegen mit großer Anstrengung und Fleiß verbunden sein. Gerade das Lesen ist oft mit anstrengenden und frustrierenden Denkprozessen verbunden.

Bruno Kreisky, früherer Bundeskanzler Österreichs, schreibt über seine Lesebegeisterung:[2]

Dank der leidenschaftlichen Satzanalysen meines Grossvaters hatte ich sehr rasch lesen gelernt. … Zu Hause machte ich von meinen Lesefähigkeiten reichlich Gebrauch. … Mein Interesse am Lesen war so auffällig, dass mein Vater sehr früh begann, mir Bücher zu schenken, vor allem Geschichtsbücher, und die Bücher, die ich meinem Vater schenkte … habe ich regelmäßig zunächst selber gelesen.

Später habe ich auch den Text der Ullsteinschen Weltgeschichte gelesen, denn ich wollte immer dem Unterricht voraus sein, in der Klasse ging mir alles viel zu langsam. …. Wenn ich heute eines dieser Bücher aus dem Regal ziehe und die vielen Eselsohren sehe, dann fühle ich mich zurückversetzt in jene Zeit, in der es so vieles zu entdecken gab. …

Eine Facette meiner Zuneigung zu Büchern ist meine große Lust, selbst zu schreiben und zu fabulieren.

Ich habe viel gelesen in meinem Leben, und wenn ich mit Menschen zusammenkomme, die Gelegenheit hatten, sehr viel mehr zu lesen als ich, empfinde ich einen leichten Anflug von Traurigkeit, dass ich diese Zeit nicht besessen habe. Und dennoch: es verging kein Tag, auch in meiner Zeit als Bundeskanzler nicht, wo ich mir nicht eine nächtliche Stunde oder mehr für die Lektüre von Büchern reserviert hätte.

Dieses Beispiel zeigt:

  • Es braucht jemanden, der eine Person ins Lesen einführt. Oftmals geschieht das im Elternhaus.
  • Durch häufiges Lesen wächst der Appetit.
  • Lesen und Schreiben ergänzen sich.
  • Es ist notwendig, eine tägliche Gewohnheit aufzubauen.

Ich werde nächste Woche darüber schreiben, wie man sich ein Buch „erobern“ und gute Lesegewohnheiten aufbauen kann. Im dritten Teil beschreibe ich dann, wie ich größere Jahres-Leseziele bewältige und in einem großen Werk über längere Zeit lebe.


[1] John Piper. Think. Crossway: Wheaton, 2010. Ich beziehe mich auf S. 15, 17, 20, 47.

[2] Bruno Kreisky. Zwischen den Zeiten. Memoiren, Teil I. K & S: Wien/München/Zürich, 2000. S. 80-85.

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6 Kommentare

Lary 15. Mai 2015 - 11:46

Mir fällt das Lesen auch immer schwer. Dabei weiß ich doch das es Gottes Wort ist. Mir fällt es aber generell schwer Zeit mit Gott alleine zu verbringen. Was ich schade finde, aber es gelingt mir nicht das zu ändern.

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eddi 15. Mai 2015 - 19:15

Danke für diesen Beitrag. Ich freu mich auch schon auf die nächsten Artikel. Lesen war für mich immer ein Genuss. Kei­ner hat mich zu Lesen gezwun­gen, kei­ner musste mich über­re­den. Aber es gab min­des­tens ein Vor­bild. Es war mein Vater, der mich still­schwei­gend durch sein Vor­bild zum Lesen ani­mierte.

Eine Anmerkung zur Überschrift: Ich weiß, dass Piper das Wort „Leidenschaft“ liebt. Und im Grunde verstehe ich auch, was damit gemeint ist. Aber von der Grundbedeutung hat Leidenschaft eine negative Konnotation. Könnte man da nicht statt leidenschaftlich Worte verwenden wie eifrig, mit Liebe, hingegeben, begeistert, o.Ä.

Hier ein Wörterbucheintrag zu Leidenschaft: http://woerterbuchnetz.de/Meyers/?sigle=Meyers&mode=Vernetzung&lemid=IL02693#XIL02693

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