Geistliche Leiterschaft (1) – Unentbehrliche Qualitäten für den Dienst der Leitung

von Stefan Hahn
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Da ich den ersten Artikel einer Serie über geistliche Leiterschaft auf dem Blog veröffentliche, möchte ich ein paar einleitende Worte dazu zu sagen. Mit der Serie zur geistlichen Leiterschaft wollen wir insbesondere junge Männer ansprechen, sich auf geistliche Leitung vorzubereiten. Als Männer haben wir automatisch den Auftrag von Gott, unserer Familie voranzugehen. In Gemeinden und in Missionsgesellschaften werden geistliche Leiter gesucht – Männer, die ihr Leben zuerst Gott zur Verfügung stellen und bereit dazu sind, ihrer Familie, der Gemeinde und anderen Menschen zu dienen. Gerade weil Männer an diesen Stellen rar geworden sind, ist die Diskussion um Frauen in Leitungspositionen in der Gemeinde immer weiter aufgeflammt. Daher ist es ein großes Anliegen – auch für Josia – Männer für geistliche Leiterschaft zu gewinnen und sie von jung an dorthin zu führen. Paulus gibt Timotheus in 2. Timotheus 2,2 die Anweisung: „Und was du von mir gehört hast vor vielen Zeugen, das vertraue treuen Menschen an, die fähig sein werden, auch andere zu lehren.“ So ist es nun der Auftrag einer jeden Generation von Männern, junge Männer anzuleiten und sie auf geistliche Leiterschaft vorzubereiten. Unser Wunsch ist, dass die Artikelserie Männer anregt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich der Verantwortung zur geistlichen Leiterschaft bewusst zu machen. Und unser Gebet ist, dass Gott viele junge Männer fähig macht, ihren Familien voranzugehen sowie in der Gemeinde und in ihrem Leben geistlich Verantwortung zu übernehmen und Gottes Auftrag auszuführen.

So kommen wir nun zu dem Teil der Serie, in dem es um unentbehrliche Qualitäten für den Dienst der Leitung geht. Die Serie zur Leiterschaft ist übrigens an das sehr gute Buch von J. Oswald Sanders „Geistliche Leiterschaft – Führungsaufgaben in Gemeinde und Mission“, welches 2003 im Christlichen Missions-Verlag Bielefeld erschienen ist, angelehnt. Falls ihr tiefer in das Thema einsteigen wollt, so empfiehlt es sich, dieses Buch zu kaufen.

Oswald Sanders macht in seinem Kapitel „Unentbehrliche Qualitäten für den Dienst der Leitung Teil 1“ deutlich, dass Gott Männern Gaben mitgibt, die für ihren Dienst benötigt werden. Dies können wir an großen Männern Gottes sehen. Doch unabhängig davon sind einige allgemeine Qualitäten, die im Folgenden aufgezählt werden sollen, von großer Wichtigkeit. Diese Qualitäten sind wichtig für einen geistlichen Leiter und sie müssen ständig von ihm weiterentwickelt werden. Die Qualitäten richten sich an den biblischen Texten von 1. Timotheus 3,1-13; Titus 1,5-9 und 1. Petrus 5,1-4 aus. Lest euch diese Stellen bitte im Vorfeld durch.

1. Disziplin

Die Disziplin ist laut Sanders eine der wichtigsten Qualitäten, denn ohne sie würden die anderen Gaben, wie groß sie auch sein mögen, niemals ihre größten Möglichkeiten ausschöpfen können. Er sagt dazu: „Es ist dem Leiter möglich, andere zu leiten, weil er sich selbst bezwungen hat.“ So ist es wichtig für einen jungen Menschen sich zuerst anderen unterordnen und gehorchen zu können. Selten ist jemand, der sich Autoritäten widersetzt und Selbstdisziplin verachtet, für eine höhere Führungsaufgabe qualifiziert. Dagegen zeigt sich in vielen Biographien von großen (geistlichen) Leitern, dass die Disziplin im frühen Leben, sowie die Bereitschaft Opfer zu bringen, eine wichtige Vorbereitung für ihr späteres Leben und für die Erfüllung von großen Aufgaben war.

Oswald ist in diesem Punkt entschlossen und sagt an junge Männer gerichtet: „Der junge Mann, der sich zur Führerschaft eignet, arbeitet, während andere bummeln; er studiert, während andere schlafen, betet, während andere sich amüsieren. Ohne sich zu sträuben, nimmt er die unliebsamen Aufgaben auf, vor denen sich andere drücken, die unscheinbare Pflicht, der andere ausweichen, weil sie keinen Beifall hervorruft und keine Würdigung findet.“

Dabei ist es wichtig, dass der Leiter selbst ein Vorbild für andere sein muss, da andere eher dazu geneigt sind diszipliniert zu sein, wenn man es ihnen vorlebt. Disziplin ist dabei eine Bereitschaft sich für andere aufzuopfern. Doch dazu gehört auch, dass man bereit ist, auch Gutes von anderen anzunehmen.

2. Weitsicht

Man könnte sagen, dass es sich beim Glauben um Weitsicht handelt. Denn wenn wir uns Hebräer 11 durchlesen, stellen wir fest, dass die großen Glaubensmänner die Männer der Weitsicht waren. So sagt Sanders, dass der Diener Gottes Einsicht in geistliche Dinge besitzen muss. Er muss hin und wieder einmal den Vorhang materieller Dinge zur Seite ziehen und Sterblichen einen Blick in Gottes Herrlichkeit und in die himmlische Ewigkeit werfen lassen. So muss ein geistlicher Leiter Gottes Größe und Allmacht sehen können, um sich bewusst zu sein, dass für IHN kein Ding unmöglich ist. Er muss wie Abraham den Blick soweit in die Zukunft richten, um sehen zu können, dass unser letztliches Erbe im Himmel für uns aufbewahrt ist. D.h. wir müssen bei unserem Tun den Ausgang der Dinge und Gottes Souveränität im Blick haben. Denn der Blick auf den Ausgang hilft uns dabei, in schwierigen Situationen auszuharren und Gottes Wirken zu erkennen.

Laut Sanders schließt Weitsicht dabei Optimismus und Hoffnung ein. Kaum ein Pessimist wird wohl je eine bedeutende Führungspersönlichkeit, da er bei jeder Gelegenheit eine Schwierigkeit und nicht eine Möglichkeit sieht. Daher wird der Mann, der die Schwierigkeiten so klar sieht, dass er die Möglichkeiten nicht erkennt, unfähig sein, seine Nachfolger zu inspirieren. So schließt Weitsicht auch eine gewisse Risikobereitschaft ein: Die Bereitschaft, frische Glaubensschritte zu tun. Das heißt nicht, dass man dabei nicht auch Vorsicht walten lassen darf, um realistisch zu bleiben.

3. Weisheit

Sanders beschreibt die Weisheit als eine Fähigkeit, den besten Nutzen aus Wissen zu beziehen, indem sie geistliche Einsicht über die Erkenntnis Gottes und die Verworrenheit des menschlichen Herzens mit einbezieht. So sagt er: „Wissen erwirbt man durch Studium; aber wenn der Heilige Geist einen Menschen erfüllt, verleiht er die Weisheit, dieses Wissen richtig zu gebrauchen und anzuwenden. Ähnlich sagt dies Paulus an die Christen in Kolossäa in Kolosser 1,9: „Dass ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis seines Willens in aller vom Geist verliehenen Weisheit und Einsicht.“

So ist nicht der weise, der viel Wissen besitzt, sondern derjenige, der Gottesfurcht besitzt, um die Verdorbenheit des menschlichen Herzen weiß und Dinge im Lichte der Ewigkeit beurteilen kann. D.h. Wissen ist wichtig und erstrebenswert, aber zu nichts nutze, wenn es nicht mit Blick auf die Ewigkeit angewandt wird.

4. Entscheidungsfähigkeit

„Wenn alle Fakten gesammelt sind, kennzeichnet schnelle und klare Entscheidung einen wahren Leiter“, sagt Oswald J. Sanders. So zeichnet sich ein Leiter auch dadurch aus, dass er Entscheidungen nicht lange hinauszögert, wenn er sich des Willen Gottes – ungeachtet der Konsequenzen – gewiss ist. Entsprechend muss ein Leiter bereit dazu sein, volle Verantwortung für seine Entscheidungen zu tragen, unabhängig ob sie in Erfolg oder auch in Misserfolg resultieren. Ein geistlicher Leiter steht daher auch zu seinen Fehlentscheidungen und schiebt Niederlagen nicht immer anderen zu.

Die Glaubenshelden in Hebräer 11 waren Menschen, die nicht nur Weitblick, sondern auch Entscheidungskraft hatten. Sie alle hatten eine Aufgabe, überschlugen die Kosten mit Blick auf die Ewigkeit, trafen ihre Entscheidung und setzen sie in die Tat um.

Sanders beschreibt wahre Führungspersönlichkeiten als Männer, die der Versuchung, eine Entscheidung zu verzögern, widerstehen und nicht unschlüssig werden, nachdem sie eine Entscheidung getroffen haben. Denn letzteres könnte für die Führung verhängnisvoll sein. So müssen wir uns vor Augen führen, dass uns die meisten Entscheidungen nicht deshalb so schwer fallen, weil wir nicht wissen, was wir tun sollten, sondern weil wir nicht bereit sind, den Preis dafür zu zahlen.

5. Mut

Von einem geistlichen Leiter wird verlangt, dass er außerordentlich mutig ist. Sanders sagt dazu, dass Mut die Qualität des Geistes ist, die Menschen befähigt, den Gefahren und Schwierigkeiten mit Festigkeit, ohne Furcht oder Verzagtheit zu begegnen. Entsprechend wird nicht nur physischer Mut, sondern vor allem auch moralischer Mut von einem Leiter benötigt um auch gegen den Strom der Zeit schwimmen zu können.

Dabei ist zu bemerken, dass Mut zu haben nicht bedeutet, keine Furcht zu haben, sondern es geht vielmehr darum, die Furcht zu bezwingen. Die Kraft, Furcht zu bezwingen, haben wir durch den Geist, der in uns wohnt, wie es bspw. in 2. Timotheus 1,7 deutlich wird.

Da uns unsere innere Trägheit und auch der äußere Widerstand immer wieder stoppen wollen, bedeutet Mut auch, dass er keine Sache des Augenblicks sein darf, sondern andauern muss, bis die Aufgabe ganz zu Ende geführt ist. Und so wird gerade in Krisen von Leitern erwartet, dass sie Mut und Ruhe besitzen und nicht den kühlen Kopf verlieren. Sie sind dagegen auch in schweren Zeiten in der Lage, ihre Brüder zu stärken und ihren Blick auf Gott zu lenken, wie wir es in dem Beispiel von Hiskia in 2. Chronik 32,7-8 veranschaulicht sehen können.

6. Demut

In der Welt wird Demut in den seltensten Fällen als notwendige Charaktereigenschaft für einen Leiter gesehen. Doch ein geistlicher Leiter benötigt Demut, um bereit zu sein, den verborgenen Pfad opfervollen Dienstes und die Anerkennung seines Herrn zu suchen und nicht den anerkannten Posten und die Schmeichelei der Menge nachzueifern. Christus selbst erklärte Nachfolge als Selbstverleugnung und nicht als Selbstvermarktung.

Die Bibel gibt uns einige Vorbilder in Blick auf einen demütigen Leiter. So sagt bspw. Johannes der Täufer über sich in Bezug auf Jesus in Johannes 3,30: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ und zeigt uns somit, dass die Demut des christlichen Leiters wachsen muss.

Gerade ein Leiter muss seine Abhängigkeit von Jesus Christus sehen und erkennen, dass er ohne IHN absolut nichts ist und sogar seine Hilfe benötigt, um vor sich selbst klein zu bleiben. Es ist für Gottes Werk von großem Vorteil, wenn wir uns von IHM, für welches Werk ER uns auch immer beruft, benutzen lassen und dabei nicht unsere eigene Kraft im Vordergrund steht. So sagt Oswald J. Sanders, dass der geistliche Leiter von heute aller Wahrscheinlichkeit nach einer sei, der gestern seiner Demut Ausdruck gab, indem er froh und treu an zweiter Stelle arbeitete und morgen wieder ebenso froh bereit dazu wäre.

7. Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit

Paulus sprach mit einer derartigen Offenheit über sein Versagen wie über seinen Erfolg, dass nur wenige von uns bereit wären, ihm diese Offenheit nachzuahmen. Paulus erwähnt Timotheus und bspw. auch den Korinther gegenüber, dass er in Aufrichtigkeit und Lauterkeit seinen Dienst vor Gott getan hat. Persönliche Integrität ist eine wichtige Führungsqualität, die Gott bereits seinem Volk in 5. Mose 18,13ff vorgeschrieben hat. Und selbst in der Welt wird persönliche Integrität, d.h. Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit als wichtiger Bestandteil eines Leiters angesehen. Wie viel mehr sollten daher geistliche Leiter darin ein Vorbild sein: Mit Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit in ihren Worten, in ihrer Pflichterfüllung, im Umgang mit Finanzen und in jedem anderen Bereich ihres Dienstes.

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1 Kommentar

Timotheus Magazin 3. Mai 2016 - 17:58

Schöner Artikel. Gut geschrieben und wirklich gute Punkte. Allerdings kommt mir hier das Evangelium etwas zu kurz. Wir sind schwache und unfähige Sünder. Wenn wir »nur« diese »Anforderungen« lesen, wird uns das auf Dauer zermürben. Weil wir (und unser Fleisch) eben nicht stark, mutig, aufrichtig, demütig, weise und diszipliniert sind. Diese widerstreben uns. Daher dürfen diese Anforderungen nicht losgelöst vom Evangelium betrachtet werden. Gerade viele junge Männer aus dem bibeltreuen Bereich leiden oftmals durch ihre zahlreichen Aufgaben an Erschöpfungszuständen und fühlen sich sehr unter Druck. Zugegeben: Es praktisch begreifbar zu machen, ist schwierig und mit einem einfachen »Gott wird uns schon dazu befähigen« nicht wirklich zu beantworten. Doch weil Christus all das war und wir durch und mit ihm gerechtfertigt sind, dürfen wir wissen, dass z.B. die Leiterschaft nicht an uns hängt, sondern dass Gott uns tatsächlich jeden Tag neu vergibt und befähigt. Das tägliche scheitern an diesen Aufgaben, sollte uns in die Hände Christi treiben, aber nicht zwangsläufig zum Urteil, dass man ungeeignet dafür sei. Wenn wir den »Super-Christen« beschreiben, werden doch nur die Hochmütigen zu dem Entschluss kommen »Das bin ich, das kann ich und das zeichnet mich aus. Ich muss ein geistlicher Leiter sein.« … 😉

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