Die Jahreslosung 2017 im Zusammenhang

von Declan McMahon
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Der Flüchtling erzählt, was er gesehen hat: „Die Stadt ist gefallen!“

Hesekiel, der Sohn des Priesters Busi, hört von der Belagerung, vom Hunger, von der vergeblichen Flucht des Königs. Von dessen letztem Anblick: Seine erdrosselten Söhne. Die Babylonier haben den Palast des Königs, die Mauern Jerusalems und – der Flüchtling sagt es wirklich – den Tempel des HERRN zerstört! Wer überlebt hat, ist als Gefangener auf dem Weg hierher, nach Babylon und Umgebung.

Der Prophet Hesekiel hat die Juden, mit denen er vor Jahren schon ins Exil gehen musste (2. Kön 24,8-17) auf diesen Tag, auf den Untergang Jerusalems, vorbereitet. Vor der Belagerung prophezeite er Gericht gegen Juda (Hes Kap. 1-24). Während der Belagerung prophezeite er Gericht gegen Judas Feinde (Kap. 25-32).  In der Nacht bevor der Flüchtling ankommt, ist Hesekiel hell wach. Gott sagt ihm, was er dem Flüchtling sagen soll. Die schlechte Nachricht aus Jerusalem soll Hesekiel mit einer Guten Nachricht für Jerusalem beantworten (Kap. 33-48). Hesekiels Gute Nachricht ist voller Hoffnung für Gottes geschlagene Volk.

Das Evangelium nach Hesekiel: Gott heiligt seinen Namen (36,16-38)

Achte mal darauf, wie das Wortfeld „Unreinheit“ Hesekiel 36,16-21 dominiert. Das ganze Land ist von Israels Unreinheit erfüllt – durch ihr Leben ohne Gott haben sie es verunreinigt. In Gottes Augen ist Israel so unrein, wie eine Frau, die ihre Tage hat (36,17). Das ist weder „patriarchalisch“ noch „kulturell bedingt“, sondern passt zum Rest des Buches: Das Volk wird als ausgesetztes Mädchen personifiziert, das der HERR von der Straße rettet, und in sein Haus aufnimmt (16,1-8).  Nachdem sie älter geworden ist, heiratet er sie. Er überschüttet sie mit Ehre und Herrlichkeit (16,8-14). „Aber du vertrautest auf deine Schönheit; und weil du so gerühmt wurdest, triebst du Hurerei, sodass du dich jedem, der vorüberging, anbotest …“ (16,15). Israel hat den Ehebund mit Gott gebrochen. Und wie er sie gewarnt hatte (5. Mose 28), hat er sie nun dafür bestraft, mit der Zerstörung ihrer Heimat und dem Exil in Babylon. Aber auch dort machen sie ihm keine Ehre, sondern entweihen seinen heiligen Namen (36,21).

„Geheiligt werde dein Name“ sollen wir beten – und dieses Gebet erhört Gott (36,22-32). Er sorgt dafür, dass es Menschen gibt, die Gott von Herzen als den Höchsten, Wertvollsten und Herrlichsten, anbeten. Er sorgt dafür, dass es Menschen gibt, die für ihn allein leben, in ihm allein Freude suchen und finden. Denn Gottes Ziel ist, dass er verherrlicht wird. Und wer oder was kann Gott hindern, sein Ziel zu erfüllen? Dass seine Stadt, ja sein Tempel in Schutt und Asche liegt ist kein Hindernis.

Es ist Gottes erklärtes Ziel, seinen Namen groß zu machen: „Ich tue es nicht um euretwillen, ihr vom Haus Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, (…) den ihr entheiligt habt. Denn ich will meinen großen Namen, der vor den Nationen entheiligt ist, den ihr unter ihnen entheiligt habt, heilig machen. Und die Heiden sollen erkennen, dass ich der Herr bin, (..) wenn ich ihnen zeige, dass ich heilig bin.“ (36,22-23). Gott heiligt seinen Namen. Und wir werden ihn dafür anbeten (Off 4-5).

Wie macht Gott aus verstockten Rebellen ergebene Anbeter? Er macht die Unreinen rein: Erst holt er sie ins Land zurück, dann sprengt er Wasser der Reinigung über sie (36,24-25). Aber äußere Reinigung ist nicht genug – das Herz ist das Problem: „Wie krank ist dein Herz, spricht Gott der HERR, denn du hast all diese Dinge getan, die Taten einer zügellosen Hure!“ (16,30). Was kann Gott tun? Das Herz, das Innere, die Gedanken und Gefühle – der Wille ist das Problem! Kennst du das nicht auch? Wie oft habe ich schon gedacht: „Wie kann ich wollen, was ich wollen soll, und ja auch irgendwie wünsche zu wollen?“ Wie kann ich mich Gott von ganzem Herzen hingeben? Mein Herz macht ja nicht mit! Dieses kalte, harte, verkrustete Ding! Egal, welche Sünde ich mir vornehme, nicht mehr zu tun, es kommt immer wieder der Moment, an dem ich scheinbar vergesse, was ich eigentlich wollen wollte. Wie krieg ich einen Gott, den ich liebe?

O wie groß ist die unendliche Souveränität Gottes! Er tut es einfach, er wirkt das Wollen! Und das Vollbringen, wie Paulus sagt (Phil 2,13). Ist das nicht ehrfurchtsgebietend (Phil 2,12)! Hier steht es: „Und ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euch hineinlegen. Ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich werde meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die nach meinen Geboten leben und meine Rechte halten und danach tun.“ (36,26-27). Gott hat mich gemacht, er kann mich auch neu machen. Es ist sein Recht, er ist der Töpfer, ich bin in seiner Hand. Er sagt nicht „Ich gebe euch ein neues Herz“, in dem Sinne, dass er dich ein bisschen empathiefähiger oder barmherziger oder netter machen will. Die Jahreslosung 2017 ist keine Schminke, die Gott auf unsere Herzen klatschen will. Was bringt es denn, einen Backstein anzumalen? Er verspricht, dein Herz auszutauschen, d.h. dich zu einem neuen Menschen zu machen. Das ist, was es bedeutet, „aus Wasser und Geist“ wiedergeboren zu sein (Joh 3,5). Hast du dieses Herz? Trachtest du danach, seine Gebote zu halten (vgl. Hes 36,27)? Willst du ihn bitten, dir solch ein Herz zu geben (vgl. Ps 51,12)?

Zuhause ist wo dein Herz ist

Sieh nur, was Gott verspricht: „Und ihr sollt in dem Land wohnen, dass ich euren Vätern gegeben habe, und ihr sollt mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein.“ (36,28). Gottes Gegenwart, Gott selbst mitten unter uns – das ist der Himmel, die neue Schöpfung (Off 21,3). Jerusalem liegt in Schutt und Asche, aber Gottes neues Jerusalem erstrahlt im Glanz seiner Gegenwart (Kap. 40-48). Das ist der Zusammenhang der Jahreslosung: Während Gott sein Volk für seine Herzenshärte furchtbar bestraft, verspricht sein Prophet neue Herzen, ja eine neue Welt. Das Evangelium strahlt in die tiefste Finsternis unseres Lebens hinein und verkündigt Gottes wunderbare Heiligkeit, Gerechtigkeit und Liebe. In den Trümmern Jerusalems und an den Flüssen Babylons sagt uns Gott: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Off 21,5)

Und jetzt verstehen wir, warum unsere Herztransplantation scheinbar so prozesshaft abläuft: Wir haben ja gewisser Maßen zwei Herzen in einer Brust, es tobt ein echter Kampf in uns (Gal 5,16-17).  Denn unsere Neuschöpfung hat zwar schon begonnen, aber sie wird erst vollendet sein, wenn der HERR kommt oder uns heimholt. Also warten wir. Es liegt aber Kraft in dem Warten auf den Herrn.

Gibt es einen Bruder oder eine Schwester, die du mit der Jahreslosung ermutigen willst? Vielleicht kann dieser Artikel der Person helfen.

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3 Kommentare

Jürgen Mette 1. Januar 2017 - 14:31

Sehr gute Auslegung. Die JL isoliert betrachtet kommt ganz „herzlich“ daher, aber im historischen Kontext gelesen, wird der Ernst der Lage erst richtig deutlich.

Ich bedanke mich mit einem Crashkurs Kardiologie
Das wäre zu schön, um wahr zu sein: wenn das Herz nicht mehr so richtig will, Rhythmusstörungen die Pumpe aus dem Takt bringen, die Bypässe endgültig verstopft sind, die Stents zum x-ten Mal ausgetauscht wurden, dann geht der Herzpatient zur kardiologischen Fleischtheke und bestellt ein neues Herz. Eins vom Schwein. Oder ein künstliches Implantat. Oder ein Spenderherz von einem Motorradfahrer, der beim Saisonstart ein bisschen überzogen hatte, so ziemlich alles kaputt war, aber das Herz in einem top Zustand und dank Organspenderausweis verfügbar. Nichts ist unmöglich. Die Kardiologen können fast alles. Sie tauschen Herzklappen aus, reparieren die Pumpe, wenn es im Vorhof flimmert. An einem lädierten Herz muss kaum noch einer sterben. Nichts ist unmöglich.
Wenn die Bibel vom Herz spricht, ist selten die Blutpumpe gemeint. Das Herz steht für den Kern unserer menschlichen Existenz, die Mitte, die Identität, die Schaltzentrale, das Organ für Emotionen. Das menschliche Herz ist ein trotziges Organ, es schlägt herzlich für einen Menschen oder es ist ihm herzlich egal, wie es dem anderen geht. Das Herz ist ein Rebell oder es ist ein Hort der Sanftmut, der Liebe und Barmherzigkeit. Unsere Herzen sind einander zugeneigt, oder eben unheilbar abgeneigt.
Wenn wir nur unser Herz in diesem Sinne transplantierten könnten, wie unsere Blutpumpe, dann wären wir die glücklichsten Menschen der Welt. Dann könnten wir Frieden stiften, dann könnten wir die Welt verändern. Alles zwischenmenschlich Kleine und gesellschaftlich Große wird bestimmt von der Herzenshaltung eines Menschen. Selbst ein frisch transplantierter Herzpatient kann furchtbar herzlos sein.
Wir sind also der Macht unseres eigenen Herzens ausgeliefert. Und dieses Herz ist tatsächlich austauschbar. Da verspricht der Prophet Hesekiel im Auftrag Gottes einem Volk eine Herztransplantation: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch!“
Wie sollen wir uns das nur vorstellen? Da brauchen wir nicht lange zu fantasieren, wir kennen solche Menschen, die eine sichtbare Wesens-Veränderung erlebt haben. Die früher herzlos, haltlos und gefühllos waren, sind jetzt Menschen voller Wärme und Empathie, voller Zuneigung und Barmherzigkeit. Ein Mensch, der sich in die Hände Gottes fallen lässt, erfährt eine Transplantation der ganz besonderen Art: Gott erneuert sein Wesen, sein Herz, den Sitz der Gefühle. Ein solches Herz kann tragen und ertragen, ein solches Herz schlägt für den anderen. Je mehr Menschen diese geheimnisvolle Transplantation erleben, umso mehr wird sich unsere Gesellschaft verändern. Es beginnt gern im engsten privaten Kreis, der Familie, und breitet sich dann ringförmig aus. Diese Herzenshaltung kann der Anfang einer Heilung sein, der Anfang eines neuen Herzschlags, der meinen Nächsten erreicht und die Barrikaden und Blockaden überwindet.
So kann ein kardiologischer Befund, ein medizinisches Herzproblem, eine Operation am offenen Herzen Ausgangspunkt für eine komplette Wesensveränderung eines Menschen sein. Er schwebt während der OP zwischen Leben und Tod und wacht nach Stunden aus der Narkose auf und spürt, dass sein Herz weich geworden ist. Wir sind Herzpatienten, ob gesund, ob krank oder noch nicht ausreichend untersucht. Was könnte Gott aus unserem Leben machen, wenn er die Bypässe unseres belasteten Gewissens wieder reinigen und weiten könnte? Wenn wieder Energie durch unsere Adern fließt und das Leben dorthin bringt, wo wir im Gemüt schon abgestorben sind.
Achten wir auf unseren Herzschlag. Vertrauen wir uns einem Berater an, einem Seelsorger, der uns hilft, die Blutbahnen wieder frei zu bekommen und von uns etwas ausgeht, was anderen wohl tut und ihr Herz schließlich verändert.
Die kardiologische Pumpe hört irgendwann auf, unser Gehirn und den ganzen Organismus mit Blut zu versorgen. Das eigentliche Herz, der Sitz unserer Gottesbeziehung und unserer Menschenfreundlichkeit unterliegt keinem Zerfallsdatum. Es schlägt für dich und für mich, weil es vom Schöpfer selbst immer wieder erneuert wird.
Herzlich!
Jürgen Mette, Marburg

antworten
Johannes T. 26. Januar 2017 - 10:20

@Josia – wenn Jürgen Mette bei euch kommentiert, dann seid Ihr ja wirklich bekannt 🙂

antworten
Simon Mayer 28. Januar 2017 - 15:25

Hi Johannes,

ich hab auch nicht schlecht gestaunt 🙂

LG Simon

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